Am 29. Juni 2017 beschloss die Stadtverordnetenversammlung Weiterstadt gegen die Stimmen von CDU und ALW, dass auf dem städtischen Grundstück im Klein-Gerauer-Weg (Flur 16, Nr. 52/11) keine Flüchtlingsunterkunft (wie am 22. März 2016 beschlossen) gebaut werden soll. Stattdessen sollen dort nun 48 Wohneinheiten in drei Gebäuden errichtet werden. Mit der Realisierung des Vorhabens würde zudem dem Bedarf an vergünstigtem Wohnraum in Weiterstadt Rechnung getragen werden. „Grundsätzlich sind das lobenswerte Ziele, denn Weiterstadt benötigt dringend Wohnungen im unteren Mietpreissegment, aber dieser Fall hat doch ein SPD-Geschmäckle“, berichtet die Stadtverordnete Ina Dürr.
Das Grundstück gehörte der Stadt Weiterstadt und wurde im April 2016 an einen Investor verkauft. Die Bedingung hierfür war jedoch, dass auf dem Grundstück eine Asylbewerberunterkunft für 180 schutzsuchende Menschen gebaut wird. Dazu schloss der Investor einen entsprechenden Vertrag mit dem zuständigen Landkreis Darmstadt-Dieburg ab. „Nach dem Rückgang der Flüchtlingszahlen im letzten Jahr hat der Landkreis nun jedoch kein Interesse mehr daran, diesen Vertrag zu vollziehen. Nun soll offenbar die Stadt Weiterstadt dem Landkreis aus seinem Dilemma heraus helfen“, ergänzt der Fraktionsvorsitzende der Weiterstädter und der Landkreis-Christdemokraten Lutz Köhler. „Nun soll auf Vorschlag des Magistrates und mit Beschluss durch die SPD-FWW-Kooperation, anstelle der Flüchtlingsunterkunft mit demselben Investor an derselben Stelle eine reguläre Bebauung mit 48 Wohneinheiten errichtet werden.“
Zum einen sei die tatsächliche Miethöhe (Mietpreis von mindestens einem Euro pro m² unter der ortsüblichen Miete) nicht geklärt, da es in Weiterstadt keinen Mietspiegel gibt; zum anderen komme ein weiteres Verkehrsproblem mit den PKW´s der 48 Wohneinheiten auf das Gebiet rund um den „Aulenberg“ mit seinen Schulen, Sport- und Freizeitanlagen hinzu. „Im Höhepunkt der Flüchtlingskrise hatten wir keine andere Wahl, als dem Bau an der dortigen Stelle aus humanitären Gründen zuzustimmen. Nun ist allerdings kein akuter Belegungsdruck mehr vorhanden und daher lehnen wir dieses Vorhaben aus städtebaulichen Gründen ab. Aus unserer Sicht müssen Sozialwohnungen in unsere Stadt integriert und nicht an einen Stadtrand separiert werden“, fordert Köhler. Die Christdemokraten haben neben politischen auch rechtliche Bedenken und halten eine derartige Bebauung im Außenbereich für unzulässig. Für eine Flüchtlingsunterkunft hätten rechtlich Ausnahmemöglichkeiten bestanden, für eine normale Wohnbebauung bestünden diese aber nicht. Zuständig für die Erteilung der Baugenehmigung sei jedoch der(selbe) Landkreis, der aus dem Vertrag mit dem Investor aussteigen wolle. „Ich bin gespannt, wie sich diese Geschichte weiter entwickelt“, so die Juristin Ina Dürr. „Nach meinem Kenntnisstand wurde noch keine Baugenehmigung erteilt. Aber genauso wie jede Bürgerin und jeder Bürger auch, sind natürlich die Stadt Weiterstadt und der Landkreis Darmstadt-Dieburg dazu verpflichtet, sich an geltende Bestimmungen des Baurechts zu halten. Sollte an dieser Stelle mit dem Bau der 48 Wohneinheiten begonnen werden, müssen wir uns noch einmal ausführlich diesem Thema widmen. Am besten wäre es, wenn auf diesem Grundstück gar nicht mehr gebaut und sich der Investor an den Landkreis wenden würde, der schließlich auch sein Vertragspartner ist, um den Vertrag zu erfüllen oder aufzuheben.“